Eine Jesuitenfestung in der Prager Innenstadt...
Das Clementinum ist nach der Prager Burg (Pražský hrad) das zweitgrößte historische Baugelände in Prag. Ursprünglich funktionierte es als ein Jesuitenkolleg, lange Zeit gastierte hier die Prager Universität und heute ist das Clementinum der Hauptsitz der Nationalbibliothek der Tschechischen Republik. Das breite Baugelände mit fünf Höfen und zwei Kirchen stellt eine ganz besondere Welt, die außerhalb der normalen Raumzeit existiert, dar. Es handelt sich eher um eine alleinstehende Insel, auf der im Labyrinth altstädtischer Gässchen eine ungewöhnliche Stille herrscht.
Die 1555 in Prag angekommenen Jesuiten wählten den Platz für ihr Kollegium nicht rein zufällig aus. Die Stelle am Kreuzherrenplatz (Křížovnické náměstí) neben der Karlsbrücke (Karlův most) galt als eine der prominentesten und signifikantesten in der Prager Altstadt. Als Ursprung für das künftige Kollegium diente ein Dominikanerkloster, das hier neben der romanischen St.-Clemens-Kirche (kostel svatého Klimenta) im 13. Jahrhundert gegründet worden war. Der Bau des heutigen Kollegiums begann in der Mitte des 17. Jahrhunderts und endete einhundert Jahre später. Zum Hauptarchitekten wurde Carlo Lurago ernannt, von dem nicht nur der Entwurf des ganzen Baugeländes, sondern auch die prunkvolle, zur Straße Křížovnická gewandte Fassade sowie die bemerkenswerte, triumphale Stirnseite von der angeschossenen Salvatorkirche (kostel Nejsvětějšího Salvátora) stammen.
Trotz der ziemlich langen Bauzeit ist das Baugelände von einer einheitlichen architektonischen Gestaltung geprägt, die uns an barocke Paläste oder Schlösser erinnert. Ähnlich prunkvoll wirken auch die erhaltenen Innenräume. Neben zwei Kirchen (St.-Clemens-Kirche und Salvatorkirche), die mit ausgezeichneten Bildhauerwerken und Malereien prahlen, blieben mehrere andere Denkmäler erhalten: die Welschkapelle (Vlašská kaple), die für die hauptvertretende Kirche italienischer Kunst in Prag galt, oder auch das bemerkenswerte Refektorium mit barocker Freskenverzierung (heute Studienzimmer der Nationalbibliothek). Auch Bibliothekshallen mit historischen Globen, die barocke Spiegelkapelle (Zrcadlová kaple) sowie der astronomische Turm, in dem sich die älteste Wetterstation Tschechiens befindet und der eine schöne Aussicht auf die altstädtischen Dächer eröffnet, wurden bis heute bewahrt.